„Warum bist du eigentlich immer noch hier?“
Diese Frage höre ich ab und zu – und jedes Mal huscht mir ein Lächeln über die Lippen.
Wie erklärt man in wenigen Sätzen etwas, das so viel Herz, so viele Geschichten und so viele gemeinsame Erlebnisse umfasst?
Vielleicht beginne ich so:
Stell dir einen Ort vor, an dem man morgens nicht nur zur Arbeit kommt, sondern in ein zweites Zuhause. Ein Ort, an dem die Flure nicht einfach leerer Raum sind, sondern gefüllt mit Kinderlachen, mit Stimmen, die über neue Ideen streiten, und mit einem Summen, das verrät: Hier passiert gerade etwas Wichtiges.
Viele meiner Kolleginnen und Kollegen sind seit Jahren hier – einige seit Jahrzehnten. Diese Beständigkeit ist wie ein unsichtbares Netz, das uns trägt. Sie hat es möglich gemacht, Dinge zu entwickeln, die heute selbstverständlich wirken: eine natürliche Altersdurchmischung in den Klassen, die wie ein farbiges Mosaik aus Lebenserfahrung und Neugier wirkt. Die integrative Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen, bei der wir nicht nur „eingliedern“, sondern jedes Kind, so wie es ist, wirklich annehmen. Dieses Zusammenleben und Zusammenlernen entspricht dem Leben, in dem ebenfalls viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichem Alter und unterschiedlichen Fähigkeiten zusammenleben und arbeiten. So schafft die Schule für die Kinder einen Rahmen, in dem sie lernen und sich entwickeln können – genauso wie sie es auch in ihrem späteren Leben antreffen werden.
Natürlich stossen wir auch an Grenzen – gerade dann, wenn ein Kind mehr braucht, als wir ihm geben können, und ein Platz in einer Sonderschule unerreichbar scheint. Doch statt aufzugeben, setzen wir uns zusammen, wälzen Ideen, feilen an Lösungen. Nicht immer einfach, manchmal ein Kraftakt. Aber immer getragen von dem Gedanken: Wir finden einen Weg.
Unser Team ist wie eine Crew, die gemeinsam durch ruhige und stürmische Gewässer gesegelt ist. Wir haben Wellen gemeistert, Flauten durchgestanden und den Kurs immer wieder neu ausgerichtet. Wir können leidenschaftlich diskutieren – zum Beispiel über Sinn und Zweck von Hausaufgaben – und am Ende trotzdem Hand in Hand weitergehen.
„Birmenstorf – eine Schule, die weitergeht.“
Das ist unser Leitsatz. Und er ist keine Floskel. Wenn ich in der Schullandschaft Aargau erzähle, wo ich arbeite, sehe ich oft dieses kurze Aufblitzen in den Augen meiner Gesprächspartner – eine Mischung aus Respekt, Staunen und Neugier. Die Schule Birmenstorf hat einen Ruf. Einen guten Ruf. Und den spürt man.
Während andernorts händeringend nach Lehrpersonen gesucht wird, dürfen wir aus einer Schatztruhe voller Bewerbungen wählen. Aber wir suchen nicht einfach nach Qualifikationen auf Papier. Wir suchen nach einer Haltung: Menschen, die das Kind ins Zentrum stellen, die Zusammenarbeit nicht als Zusatzaufgabe, sondern als Herzstück ihrer Arbeit begreifen. Menschen, die nicht nur lehren, sondern lernen wollen – ein Leben lang.
All das wäre nur eine Vision, wenn nicht unser Dorf, der Gemeinderat und die Bevölkerung uns den Rücken stärken würden. Sie geben uns die Mittel, Räume zu schaffen, in denen nicht nur Unterricht stattfindet, sondern Zukunft gebaut wird.
Als Schulleitung glauben wir fest daran, dass unsere Art der Zusammenarbeit ansteckend ist. Wenn wir unsere Energie, unser Wissen und unsere Stärken bündeln, entsteht etwas, das grösser ist als jeder Einzelne von uns:
Eine Schule, in der Kinder nicht einfach durch das Jahr gehen, sondern aufblühen.
Eine Schule, die nicht stillsteht.
Eine Schule, die weitergeht.
Und genau deswegen bin ich hier.
Nicole Egli